ExxonMobil gab kürzlich bekannt, mit Global Clean Energy, einem Entwickler alternativer Kraftstoffe, eine Vereinbarung zum Kauf von erneuerbarem Diesel getroffen zu haben. Der einsatzbereite Kraftstoff wird zum Teil aus Leindotter gewonnen, einer Pflanze, deren Anbau nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion steht. Dieser Kraftstoff könnte helfen, Treibhausgasemissionen auf den Straßen zu reduzieren – eine Win-win-Situation.

Um mehr über den Vertrag, den Rohstoff und seine Auswirkungen zu erfahren, sprach Energy Factor mit den Projektleitern Jarrett McCleskey und Steve Papaleo von ExxonMobil.

Energy Factor: Steve, die angekündigte Zusammenarbeit mit Global Clean Energy klingt aufregend. Bevor wir darüber sprechen, warum ExxonMobil den erneuerbaren Diesel von Global Clean Energy kaufen möchte, können Sie uns zunächst etwas über das Saatgut selbst und dessen Potenzial als Energieprodukt erzählen?

Steve Papaleo: Gerne! Ich weiß, dass Leindotter ein relativ unbekannter Rohstoff für erneuerbaren Diesel ist, aber er hat viele Eigenschaften, die sowohl aus ökologischer als auch aus finanzieller Sicht vielversprechend sind.

Zunächst einmal kann diese Pflanze auf einem Feld, das normalerweise brach liegt, angebaut werden. Brachland wird absichtlich nicht bepflanzt, um die Bodenqualität wiederherzustellen. Somit wird der Nutzwert dieses Ackerlandes durch den Anbau von Leindotter optimiert, ohne, dass Anbauflächen verloren gehen, die für die Nahrungsmittelproduktion vorgesehen sind. Darüber hinaus hat das Saatgut einen hohen Ölgehalt, was einen hohen Ölertrag aus dem Extraktionsprozess und einen geringeren Gesamtbedarf an Anbauflächen bedeutet. Dadurch kann das Leindotteröl kostengünstiger produziert werden. Das ist wichtig, da die Ölzuführung die teuerste Komponente in der Produktion von erneuerbarem Diesel ist.

EF: Was bewegt ein Unternehmen, das bereits seinen eigenen Kraftstoff produziert, dazu, erneuerbaren Diesel von Global Clean Energy zu kaufen? Warum unterstützt ExxonMobil diese Technologie?

Jarrett McCleskey: Wir sind davon überzeugt, dass in der Saatgut-Technologie von Global Clean Energy viel Potenzial steckt. Die einzigartigen Eigenschaften des Produkts können helfen, die Herausforderung, weltweit Energie zu liefern und gleichzeitig die Umweltauswirkungen zu verringern, zu bewältigen. Der erneuerbare Dieselkraftstoff aus Leindotter bietet einige Wettbewerbsvorteile. So könnte man damit den steigenden Bedarf an emissionsarmen Kraftstoffen  decken. Aus diesem Grund haben wir uns dazu verpflichtet, innerhalb von fünf Jahren mindestens zwölf Millionen Tonnen zu kaufen, ganz gleich, ob es zur Nutzung in unserem eigenen System oder zum direkten Verkauf an andere verwendet wird. Dieser Vorrat wird uns auch dabei helfen, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, um erneuerbaren Dieselkraftstoff mit erdölbasierten Kraftstoffen, die wir bereits verkaufen, zu mischen.

EF: Apropos Reduzierung der Umweltauswirkungen, wie unterscheidet sich erneuerbarer Dieselkraftstoff von erdölbasiertem Diesel?

SP: Erneuerbare Dieselkraftstoffe haben das Potenzial, die Treibhausgasemissionen über den Lebenszyklus im Vergleich zu erdölbasiertem Diesel zu reduzieren. Zudem deuten aktuelle Daten des California Air Resources Board darauf hin, dass ein Rückgang von 40 % bis 80 % zu beobachten ist. Das bedeutet, dass sie wesentlich zur Verringerung der Emissionen im Transportsektor beitragen könnten.

EF: Wann können Verbraucher diesen erneuerbaren Dieselkraftstoff in ihren eigenen Fahrzeugen verwenden?

JM:  Die Entwicklung des Global Clean Energy-Projekts kommt gut voran: Voraussichtlich Anfang 2022 wird mit der kommerziellen Produktion begonnen. Wenn das Produkt verfügbar ist, wird es chemisch dem erdölbasierten Dieselkraftstoff ähneln und daher als „Drop-In“-Kraftstoff gelten, der alle Spezifikationen heutiger Motoren erfüllt. Das bedeutet, dass Verbraucher es zusätzlich zu erdölbasiertem Diesel verwenden, und sogar beide Kraftstoffe in ihrem Tank mischen können. Beispielsweise könnten Fahrer zunächst ihren Tank mit Dieselkraftstoff auf Leindotter-Basis auffüllen und unterwegs erdölbasierten Diesel tanken.

EF: Inwiefern passt diese Vereinbarung zu den Produktangeboten von ExxonMobil?

JM: Die Bereitstellung dieses emissionsärmeren Kraftstoffs ist Teil der andauernden Bemühungen von ExxonMobil, unseren Kunden bei der Reduzierung ihrer CO2-Bilanz zu helfen. Wir sind der Ansicht, dass in erneuerbarem Dieselkraftstoff auf Leindotter-Basis viel Potenzial steckt und dies nur eines von vielen Produkten sein könnte, die sich in einen größeren Markt für alternative Kraftstoffe einfügen – ein Markt, der auch andere fortschrittliche Biokraftstoffe umfassen könnte, die wir aus Algen und zellulosehaltiger Biomasse wie Getreidehalmen entwickeln. ExxonMobil arbeitet daran, eine Reihe von Energielösungen voranzutreiben, die für eine kohlenstoffärmere Zukunft unerlässlich sind – ob in Zusammenarbeit mit Partnern im privaten und öffentlichen Sektor, um alternative Kraftstoffe der nächsten Generation zu entwickeln aber auch, wenn es darum geht,Lösungen zur CO2-Abscheidung voranzutreiben.

Es gibt im Hinblick auf Energie mit weniger Emissionen nicht nur eine Lösung. Forschung und Zusammenarbeit sind notwendig, um derartige Lösungen zu finden.

California Air Resources Board über die Kohlenstoffintensität von erdölbasiertem Diesel: Standardvorschrift für kohlenstoffarmen Kraftstoff, Tabelle 7-1: https://ww2.arb.ca.gov/sites/default/files/2020-07/2020_lcfs_fro_oal-approved_unofficial_06302020.pdf

California Air Resources Board über zertifizierte Kohlenstoffintensitäten von erneuerbarem Diesel: https://ww2.arb.ca.gov/resources/documents/lcfs-pathway-certified-carbon-intensities

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